Dokumentarfilme aus NRW
D 2017 • 82 Min. • Regie: Irina Heckmann
Ein Einfamilienhaus irgendwo in der deutschen Provinz, Backstein, alles akkurat und sauber, dazwischen erzählt die Großmutter vom Arbeitslager und weint. Mutter, Schwester und Bruder erscheinen in langen Einstellungen, die eine Verlorenheit und Verbitterung von Menschen zeigen, die weder da noch hier zu Hause sind. Irina Heckmann porträtiert ihre Familie, Russlanddeutsche, die vor Jahren schon aus der Sowjetunion nach Deutschland gekommen sind. „Drei Generationen spüren Eindrücken der Fremde nach, verfolgen sie zurück zu Erfahrungen der Migration und entwerfen Szenarien künftiger Vertrautheit. Die Familie als Regelwerk: In Handgriffen und Sprechweisen entfalten sich Regungen eingeübter Anpassung und neuer Sitten.“ Duisburger Filmwoche 2017
HANS-PETER FELDMANN – KUNST KEINE KUNST
D 2017 • 80 Min. • Regie: Corinna Belz
Ein Konzeptkünstler bei der Arbeit. Freie Kunst ist dem Spiel näher als dem Zeittakt industrieller, zweckorientierter Produktionsprozesse. Corinna Belz zeigt den Blick des Künstlers Hans-Peter Feldmann auf die Realität, ihre alltäglichen Objekte und Abbildungen. Durch kleine Verschiebungen, durch scheinbar sinnlose Handlungen, akribisches Sammeln, Zerstören und Ordnen wird der Alltag untersucht und aus den Angeln gehoben. Hier wird keine Geschichte erzählt, vielmehr eine Vielzahl von Geschichten, aus denen jeweils eine Szene gewählt und nach dem Zufallsprinzip montiert wurde. Was zählt, ist die Einheit von Ort und Zeit, was zählt ist der Moment, in dem der Künstler ganz bei sich ist.
KURZFILMPROGRAMM KHM & ifs
i sleep in the river's bed
D 2017 • 35 Min. • Regie: Mathis Hanspach & Luise Brinkmann • Produktion: ifs Köln
Ein geduldiger, spürender Film über die Intimität eines abgeschotteten Dorflebens im vietnamesischen Urwald und die stete Plötzlichkeit des eintretenden Außerhalb. Ätherisch, atmosphärisch, aber dennoch weltlich und nah. Ohne Interviews oder fixierte Protagonisten erzählt er von Zusammenhalt, Nähe, der Natur und dem Menschen – Festivalpremiere!
OH BROTHER OCTOPUS
D 2017 • 27 Min. • Regie: Florian Kunert • Produktion: KHM Köln
Im Glauben der indonesischen Seenomaden besitzt jedes neugeborene Kind einen Zwillingsbruder in Form eines Oktopus. Rituale sollen den Bruder im Wasser besänftigen und Unheil abwenden. Nach Bruch mit der Tradition wird das Stadtbild Jakartas zur apokalyptischen Rache des Oktopus-Bruder erklärt – Deutscher Kurzfilmpreis in Gold 2017!
D 2016 • 82 Min. • Regie: Berta Valin Escofet & Stefan Höh
Immer wieder schaut sich Werner die Videoaufzeichnungen seines größten Erfolges an: der Mister-Universum-Wettkampf im Bodybuilding vor 10 Jahren. Heute ist er 58, insolvent und kämpft um seine Lebensphilosophie: niemals aufgeben. Gar nicht so einfach, wenn auch noch das Haus der Familie, wo er mit seiner Mutter und seiner Frau wohnt, zwangsversteigert werden soll. Werner steht vor einem Neuanfang – gleichzeitig will er noch einmal den perfekten Körper auf die Bühne bringen, um endlich wieder Mr. Universum zu sein. Ein berührender, tragikomischer Familienfilm und das Porträt eines Mannes, der sich zwingt, nach vorne zu schauen, zu kämpfen und fast niemanden hinter seine Maske blicken zu lassen – Nominierung First Steps Awards als Bester Dokumentarfilm!
D 2017 • 116 Min. • Regie: Dominik Graf & Johannes Sievert
Wie wild, unberechenbar, sinnlich, verwegen und prall das deutsche Kino sein kann, zeigte schon der Filmessay „Verfluchte Liebe deutscher Film“. Nun setzen Dominik Graf und Johannes Sievert die archäologische Abenteuerfahrt an die Ränder, in die Abgründe, aber auch ins Zentrum der deutschen Film- und Fernsehproduktion fort und werfen berechtigte Fragen auf: Warum gibt das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht mehr so hellsichtige Science-Fiction-Filme wie „Smog“ (1973) in Auftrag? Warum entwickelt das Kino keinen Wagemut im Genre? Und warum treten junge Regisseure nicht in die Fußstapfen des widerborstigen Klaus Lemke, der seine Filme einfach aus der Hüfte schießt? Die Ode auf das dreckige, abseitige, schmuddelige, exzessive, wundervolle, ferne und doch nahe Kino. Berlinale 2017
D / NL 2017 • 95 Min. • engl.OmdtU • Regie: Karin Jurschick
Warum ist das Leben eines Feuerwehrmanns, der am 11. September als Held in den Twin Towers ums Leben kam, etwa eine Million Euro weniger wert als das eines Börsenmaklers? Wie viel Geld sollte der Ölmulti BP den Fischern und ihren Familien bezahlen, die als Folge der größten Ölkatastrophe der Geschichte um ihre Existenz kämpfen? Fragen, die eigentlich unbeantwortbar und fast zynisch scheinen. Nicht für Amerikas berühmtesten Entschädigungsspezialisten: Anwalt und Mediator Ken Feinberg. „Playing God“ zeigt mehr als nur die Geschichte eines bisweilen allmächtig wirkenden, aber immer scharfsinnigen, charismatischen Akteurs: Was passiert innerhalb unserer westlichen Wertesysteme, wenn Wirtschaftsinteressen und persönliche Schicksale durch Tragödien ineinander greifen? Ein tiefer Einblick in die Seele der amerikanischen Gesellschaft und eine Frage an unser aller Wertesystem.