Dokumentarfilme aus NRW
DIE STATIK DER TRÄUME
D 2024 • 81’ • OmdU • Regie: Filippa Bauer
Als Kinder haben sie in den Sommerferien auf den Baustellen im damaligen Jugoslawien gespielt, heute gehen die dort verwirklichten Träume ihrer Eltern in ihre Hände über. Die Häuser zeugen von der geplanten, aber ein ums andere mal verschobenen Rückkehr aus Deutschland - als gemachte Familie und mit der ganzen Familie. Im Rohbau verblieben, sorgsam eingerichtet oder inzwischen vom Zerfall bedroht sind sie meist unbewohnt.
Der Film widmet sich in ruhigen Einstellungen diesen Räumen; die (zukünftigen) Erb*innen setzen sich zu ihnen ins Verhältnis, zu Zugehörigkeit und Zuhause. Er gibt Einblicke in die Prozesse der Emanzipation und Identitätsfindung der fünf Protagonist*innen und begreift ihre Erfahrungen auch als eine Ressource - nicht nur für die eigene Biografie, sondern auch für die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft.
KÖLN
Filmhaus Kino Mi. 29.1. – 18.00 h Gast: Filippa Bauer
DÜSSELDORF
Metropol So. 2.2. – 13.30 h Gast: Filippa Bauer
DER DRITTE BRUDER
D 2024 • 110’ • DF • Regie: Kathrin Jahrreiß
Auf der Suche nach der Mutter ihres Vaters, stößt die Regisseurin auf die Geschichte dreier Brüder, die im Dritten Reich und im geteilten Deutschland zerrissen sind zwischen den Fronten politischer Ideologien. Hermann macht bei den Nazis Karriere als Völkerrechtler und verteidigt nach dem Krieg in Nürnberg einen Kriegsverbrecher. Seine Brüder haben jüdische Frauen.
Walther flüchtet rechtzeitig nach Amerika, Otto, „der dritte Bruder“ und der Großvater der Filmemacherin, glaubt als Rechtsanwalt an den Rechtsstaat und will in Dresden bleiben.
Seine Frau Ruth wird denunziert und in Auschwitz ermordet. Den Söhnen sagt er, sie sei in einem Sanatorium gestorben und fortan verschwindet sie im Nebel einer ohnmächtigen Verdrängung. In der DDR wird Otto durch die Stasi selbst zum Denunzianten. War er Opfer oder hat man immer eine Wahl?
Auf der filmischen Reise wird spürbar, wie die Entscheidungen des dritten Bruders die Familie über Generationen geprägt haben und wie Verdrängung und Sprachlosigkeit weitergegeben wurden. Als eine Art Tiefenbohrung in eine deutsch-jüdische Familiengeschichte von der Nazizeit, über das geteilte Nachkriegsdeutschland bis ins Heute stellt der Film die sehr gegenwärtige Frage nach der eigenen Haltung gegenüber einem totalitären Regime.
KÖLN
Filmhaus Kino Mo. 27.1. – 20.00 h Gast: Kathrin Jahrreiß
DÜSSLEDORF
Metropol Sa. 25.1. – 12.00 h
MÜLHEIM
Rio Filmtheater Sa. 25.1. – 16.45 h
DORTMUND
SweetSixteen So. 26.1. – 17.00 h
DUISBURG
Filmforum Di. 28.1. – 18.00 h
DER UNTERNEHMER, DAS DORF UND DIE KÜNSTLER
D 2024 • 86’ • DF • Regie: Marcelo Busse, Julia Suermondt
Ein Unternehmer und zwei Konzeptkünstler planen in Deppendorf eine Aktion der etwas anderen Art. Ein schnöder Werbegag? Instrumentalisierung? Oder die mitreißende Kraft der Kunst? Jedenfalls stiftet die umstrittene Idee Sinn und Gemeinschaft. Aber irgendwo hört jeder Spaß auf…
2012 hatten die Schweizer Künstler Frank und Patrik Riklin mit dem Bielefelder Insektizid-Hersteller Hans-Dietrich Reckhaus ihre gemeinsame Kunstaktion „Fliegen retten in Deppendorf“ minutiös geplant und dokumentiert, eigentlich, um selbst einen Film zu machen. Daraus war nichts geworden, und nun lag das Material seit zehn Jahren brach.
Die Filmemacher Marcelo Busse und Julia Suermondt waren verwundert und fasziniert von den Aufnahmen – und erkannten ihr Potenzial, zu etwas ganz anderem zu werden als Eigendarstellung. Ihre Idee war, die Geschichte in ihrer ganzen Ambivalenz, Absurdität, aber auch Menschlichkeit darzustellen, ohne zu bewerten und Partei zu ergreifen.
KÖLN
Filmhaus Kino So. 26.1. – 17.00 h Gäste: Marcelo Busse und Julia Suermondt
DORTMUND
SweetSixteen Di. 28.1. – 17.00 h
EINER VON UNS
D 2024 • 54’ • DF • Regie: Younes Laaguidi
Der junge Marokkaner Samir träumt schon sein Leben lang von diesem Moment, endlich nach Hause zu kommen.
Samir wurde in den Berber-Bergen von einer christlichen Missionarin aus Deutschland großgezogen, und jetzt fällt es ihm schwer sich mit den Marokkanern um Ihn herum zu identifizieren. Mit seiner Ziehmutter kamen deutsche Kinderlieder, der christliche Glaube und der Traum von einer ungekannten Heimat. Sobald alle Hürden überwunden sind, ist Samir bereit seiner entfremdeten Umwelt den Rücken zu kehren.
Mit 28 Jahre startet Samir sein neues Leben dort, wo er wirklich sein will - in den Tiefen Bayerns. Umgeben von der malerischen Kulisse des Tegernsees, folgen wir Samir ein weiteres Mal bei seiner Suche nach Dazugehörigkeit und auf einer ambivalenten Reise durch das Herz einer Gesellschaft.
Über den Zeitraum von 5 Jahren gefilmt, gewährt EINER VON UNS einen Einblick hinter die Kulissen zweier gegensätzlicher Orte - das Orientale Marrakesch sowie die bayerischen Alpen - und zeigt eine persönliche Metamorphose, von Innen wie von Außen.
KÖLN
Filmhaus Kino Fr. 31.1. – 18.00 h Gast: Younes Laaguidi
BRÜHL
Zoom Kino Di. 28.1. – 18.00 h Gast: Younes Laaguidi
DORTMUND
Roxy Kino Mi. 29.1. – 17.00 h Gast: Younes Laaguidi
DÜSSELDORF
Metropol So. 2.2. – 11.30 h Gast: Younes Laaguidi
IM SCHATTEN DER TRÄUME
CH/D 2024 • 90’ • DF • Regie: Martin Witz
Komponist Michael Jary und Texter Bruno Balz waren über 40 Jahre lang das produktivste und erfolgreichste Duo des deutschsprachigen Schlagers und Kinos. Ihre Lieder wie „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“ oder „Davon geht die Welt nicht unter“ (beide 1942) machten Zarah Leander musikalisch zum Weltstar. Die 250 Kinofilme, zu denen sie die Musik beisteuerten, reichen von eleganten Komödien der Weimarer Zeit über ambivalente Melodramen im Dritten Reich bis zu Filmen in den Wirtschaftswunderjahren. „Im Schatten der Träume“ erzählt das bewegte Leben der beiden Künstlerfreunde – zwei Biografien, die selbst das Drehbuch für ein Melodram liefern könnten. Balz war als schwuler Mann ein Verfolgter des NS-Regimes und entging dem Konzentrationslager nur durch die Intervention von Jary, der angab, ohne seinen Texter die vom Propagandaministerium geforderten Lieder für den Film „Die große Liebe“ (1942) nicht liefern zu können.
Regisseur Martin Witz kombiniert Szenen aus bekannten Spielfilmen mit privaten Fotografien, seltenen Interviews und Erinnerungen von Zeitzeugen. Experten wie der Musikhistoriker und Unterhaltungskünstler Götz Alsmann erklären kenntnisreich und hintergründig die Entstehungsgeschichten der weltberühmten Lieder und Filme – und warum die Musik von Jary und Balz so verblüffend zeitlos ist!
KÖLN
Filmforum NRW Fr. 31.1. – 20.00 h Gast: Martin Witz & Götz Alsmann
BRÜHL
Zoom Kino Sa. 25.1. – 18.00 h
ESSEN
Filmstudio Glückauf Di. 28.1. – 17.30 h
DUISBURG
Filmforum Do. 30.1. – 17.45 h
DORTMUND
Roxy Kino Fr. 31.1. – 17.00 h
DÜSSELDORF
Metropol Sa. 1.2. – 13.30 h Gast: Martin Witz
NRW SHORTS
HANG AM BAUM
D 2024, 13‘, Regie: Lucas Dülligen
Ein apokalyptischer Klang dröhnender Maschinen dringt unaufhörlich in Lebensräume vor. Karge Landschaften und verlassene Dörfer verweilen in hypnotischer Unruhe. Ein ruhiger Blick auf den Kohletagebau um Lützerath und auf die Verhältnisse zwischen Gesellschaft und Natur: Unberührtheit und Nutzbarmachung, Ausbeutung und Widerstand, menschliche und unmenschliche Zeitrechnungen.
THE SEA OF DIRAC
D 2024, 15‘, Regie: Niklas Lipski
Lasset uns Menschen machen, die da herrschen über Meer und Himmel und alles, was ist auf Erden: 120 Meter Film bei den letzten Fischersleuten der deutschen Ostseeküste und ihren schwindenden Dörfern. Ein dokumentarisches Essay über die Verantwortung für die Natur und ein Porträt über Menschen und den Kräften, die sie umgeben.
DER MIT DEM KROKODIL TANZT
D 2023, 23‘, Regie: Leonard Mann
Michael lebt seit 40 Jahren mit Billy zusammen. Sie wuchsen in Frankfurt auf und zogen nach dem Tod von Michaels Mutter zusammen in eine 2-Zimmer-Wohnung in Ostdeutschland. Billy ist 2 Meter lang, hat einen 1 Meter langen Schwanz und frisst alle zwei Wochen ein Huhn. Billy ist ein Brillenkaiman.
KÖLN
Filmhaus Kino Mi. 29.1. – 20.30 h Gast: Lukas Düllinger, Niklas Lipski, Leonard Mann
TARANTISM REVISITED
D/CH 2024 • 105’ • OmeU • Regie: Anja Dreschke, Michaela Schäuble
*DOK Leipzig Goldene Taube Gewinner
Apulien, 1959: Frauen in weißen Kleidern tanzen ekstatisch in einer kleinen Kapelle. Sie springen herum, wälzen sich auf dem Boden, einige klettern sogar auf den Altar. Man sagt, sie seien von einer Spinne gebissen worden. Ihr Tanzwahn erfordert einen rituellen Exorzismus mit Musik. Bilder wie diese inspirierten italienische Anthropolog*innen zu einer Reise nach Süditalien. Mit Tonbandgeräten, Film- und Fotokameras waren sie dem Phänomen des Tarantismus auf der Spur.
Der essayistische Dokumentarfilm folgt den vielen multimedialen Archivalien, die auf dieser Forschungsreise entstanden sind. Er arbeitet die weiblichen Stimmen der Betroffenen heraus, die sich als Expertinnen ihrer eigenen Aufführungen herausstellen. Zwischen der Forscherin Annabella Rossi und der „Tarant ata“ Michela Margiotta entwickelte sich eine besondere Beziehung, ihr Briefwechsel steht im Zentrum. Auch heute noch verstören die Bilder der weiblichen Raserei, erzählen vom Kontrollverlust der Ehemänner, Familien, von Wissenschaft und Kirche. Im Apulien der Gegenwart findet der Film lebendige Formen des Tarantismus vor, als Folklore gebändigt, für den Tourismus attraktiv. Es gibt neue Gifte, die das System befallen haben. Auch sie müssen herausgetanzt werden. Jan Künemund DokLeipzig
KÖLN
Filmhaus Kino So. 2.2. 17:00 h Gast: Anja Dreschke